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Johann August Röbling

Konstrukteur der Brooklyn-Brücke und Drahtseilproduzent

Johann-August-Röbling (1806 – 1869)

Im Jahr 1823 erschien in Paris ein Buch, das die ersten Versuche, Brücken an Drahtkabeln aufzuhängen, auf eine wissenschaftliche Grundlage stellte: Naviers bahnbrechendes Werk »Sur les ponts suspendus«.

Johann August Röbling baute dann Hängebrücken mit bis dahin ungeahnter Spannweite – seine Konstruktionen, Pläne und Erkenntnisse geben bis in die heutige Zeit wichtige Impulse. Die Brooklyn-Brücke über den East River in New York ist das berühmteste Bauwerk, das der aus Deutschland emigrierte Ingenieur entwarf. Ihre Eröffnung 1883 erlebte er jedoch nicht mehr. Seine Pionierarbeit mit Hängebrücken aus Drahtkabeln begründete zudem die amerikanische Drahtseilindustrie.

Quelle Foto: Marie- Charlot Fritzlar am 20.04.2011

Die Brücke über den East River verbindet Manhattan mit dem Stadtteil Brooklyn. Im Jahr 1883 war sie die längste und höchste Hängebrücke der Welt, weshalb sie auch als »Achtes Weltwunder« bezeichnet wurde. Johann August Röbling wurde am 12. Juni 1806 im thüringischen Mühlhausen geboren. Sein Vater, Christoph Polykarp Röbling war als Tabakhändler ein angesehener Bürger der Stadt. Durch den Ehrgeiz seiner Mutter Friederike und die Förderung der Lehrer kam Johann August sehr früh auf das Gymnasium der Stadt. Aufgrund zu schwacher Leistungen in Latein und Geschichte beendete er die Schule jedoch nicht mit dem Reifezeugnis. Seine Talente lagen auf dem Gebiet der Mathematik und der Geometrie.

Röbling folgte dem Anraten des später bekannten Mühlhäuser Architekten Friedrich Stüler (1800 – 65), und bereitete sich am Erfurter Privat-Pädagogium des Mathematikers Ephraim Salomon Unger auf die Berliner Bauakademie vor. Anhand der ausführlichen Vorlesungsnachschriften Röblings kann man sich heute ein Bild von der Lehre an der Bauakademie machen. Eine der wichtigsten Nachschriften ist die über Dietleins Vorlesung zum »Straßen- Brücken- und Wasserbau«, in der auch die Hängebrücken behandelt wurden.

Man kann also davon ausgehen, dass die Studenten damals mit dem Stoff eingehend vertraut waren. Im Jahr 1826 schloss Röbling seine Ausbildung an der Bauakademie ab. Für sein Examen beschäftigte er sich eingehend mit der Konstruktion und den Baukosten der im Bau befindlichen Hängebrücke über die Regnitz in Bamberg. Die ersten Berufsjahre verbrachte Röbling in der Provinz Westfalen, wo er 1828 unter anderem eine Hängebrücke über die Lenne bei Finnentrop projektierte. Die oft geäußerte Annahme, dass er erst 1844 mit dem Bau einer Kanalhängebrücke bei Pittsburgh dieses Fachgebiet betrat, ist also nicht zutreffend.

Mit der Juli-Revolution in Paris im Jahr 1830 endete in Frankreich die Epoche der Restauration. In Preußen, zu dem auch Mühlhausen inzwischen gehörte, führten die Ereignisse zu Repressalien und Bespitzelungen. An große technische Projekte war zu dieser Zeit nicht zu denken. Deshalb beschloss Röbling, gemeinsam mit seinem Bruder Carl und etwa vierzig weiteren Ausreisewilligen von Mühlhausen nach Amerika auszuwandern. Die Gruppe reiste am 11. Mai 1831 ab. Erst am 6. August 1831 kamen die Emigranten in Philadelphia an.

Ob Röbling ein Leben als Farmer vorschwebte, kann man heute schwer sagen. Jedenfalls erwarb die Gruppe rund vierzig Kilometer nördlich von Pittsburgh preisgünstiges Land und gründete ein Städtchen mit dem Namen »Saxonburg«. Im Jahr 1836 heiratete Röbling Johanna Herting, Tochter eines aus Mühlhausen stammenden Schneiders. Als sein Bruder Carl im Sommer 1837 beim Mähen an einem Hitzschlag starb, fühlte sich Röbling nicht mehr an die Kolonie »Saxonburg« gebunden.

Mit aller Kraft versuchte er, Anschluss an sein altes Berufsleben zu finden und als Ingenieur oder Vermesser zu arbeiten – jedoch ohne Erfolg. Stattdessen tüftelte er an einigen Erfindungen, die er patentieren ließ. Er verbesserte zum Beispiel Dampfkessel, Sicherheitsventile oder Funkenfänger für Lokomotiven. Durch Zufall erhielt Röbling eine Stelle in der staatlichen Wasserbauverwaltung.

Die Kanäle waren äußerst wichtige Verbindungswege für die beginnende Industrialisierung. Die Erweiterung des Kanalnetzes und die Eisenbahnverbindung zwischen Harrisburg und Pittsburgh bildeten Röblings Arbeitsfeld. Nicht selten bedeutete das eine monatelange Abwesenheit von der Familie und gefährliche Arbeit in unerschlossener Wildnis.

1841 entwickelte Röbling das erste Drahtseil in Amerika – eine Erfindung, die für seinen weiteren Werdegang entscheidend sein sollte. Er fertigte es mit einer handbetriebenen Verseilmaschine auf der etwa 450 Meter langen Wiese hinter seiner Farm in Saxonburg an. Neben dem Patent für ein nach herkömmlicher Methode geflochtenes Drahtseil reichte er auch eins für ein Parallelseil ein, das mit geglühtem Draht zu einer Art Stab verbunden wird. Den Vorteil sah Röbling in der gleichförmigen Spannung aller Drähte.

Bis Mitte der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts gelang es Röbling, den Einsatz der Drahtseile für die Schiffstransportanlagen. Danach erfolgte der Schritt zum Hängebrückenbau. Seine Chance bekam Röbling aber erst 1844, als winterliches Eis den Aquädukt, der den Pennsylvania-Kanal bei Pittsburg über den Allegheny führte, stark beschädigte und dieser abgebrochen werden musste. Mit dem Vorschlag, die Trogkonstruktion nicht aufzuständern, sondern an Drahtseilen aufzuhängen, gewann Röbling gegen 43 Mitbewerber durch das niedrigste Angebot die Ausschreibung.

Mit dieser Kanalbrücke konnte Röbling auch praktisch beweisen, dass sein Parallelkabelprinzip funktionierte. Es sollte bis ins zwanzigste Jahrhundert das maßgebende Prinzip der Kabelherstellung amerikanischer Großbrücken sein. Bis 1850 errichtete Röbling insgesamt sechs Brücken: die Kanalbrücken über den Redout-Fluss (1850), den Neversink-Fluss (1850), den Lackawaxen Fluss (1849) und den Delaware Aquädukt bei Lackawaxen (1848). Letzterer wird noch heute als Straßenbrücke genutzt.

Während Röbling an vielen Brückenprojekten arbeitete, hatte er in seinem Angestellten Charles Swan nicht nur einen Buchhalter und Organisator, sondern auch einen Freund der Familie. Bis zu Röblings Tod spielte Swan zwanzig Jahre lang eine wichtige Rolle. Er war Röblings Kindern vertrauter als ihr eigener Vater, der zuweilen nicht einmal wahrnahm, dass seine Frau ein weiteres Kind erwartete.

Das Röblingsche Unternehmen sollte mit den nachfolgenden Generationen weiter wachsen  und zur Großindustrie werden.

Der erste Sohn Johann August Röblings, Washington Röbling, trat in die Fußstapfen seines Vaters. Er besuchte das Rensselaer Polytechnikum und machte 1857 sein Examen mit dem Entwurf einer Kanalhängebrücke. Im selben Jahr erhielt Johann August Röbling den Auftrag für eine neue Brücke in Pittsburgh. Zum ersten Mal beteiligte er seinen Sohn an den Arbeiten. Nach der Fertigstellung 1860 nahm Röbling ältere Pläne von 1846 für eine Ohio-Brücke bei Cincinnati wieder auf, deren Bau ab 1859 erfolgte. Sie war mit 322 Metern Spannweite die bis dahin größte geplante Hängebrücke überhaupt.

Erst 1867 wurde die Cincinnati-Brücke dem Verkehr übergeben.

Im Juni 1857 hatte Röbling dem Bürgermeister von New York vorgeschlagen, eine Brücke über den East River nach Brooklyn zu bauen. Nachdem sich eine Brückengesellschaft gebildet hatte, arbeitete er 1865 einen ersten Entwurf mit einem Kostenvoranschlag von vier Millionen Dollar aus.

Die in Europa seit dem Brückenbau in Kehl am Rhein (1861) erstmals angewandte Senkkastengründung war in den USA noch wenig bekannt. Nach der Ernennung Röblings zum Chefingenieur der Brooklyn-Brücke 1867 schickte er seinen Sohn Washington und dessen Frau Emily auf eine Europareise. Nach über einem Jahr Aufenthalt, kehrten sie zurück; die Planung für die Senkkastengründungen hatte feste Form angenommen.

Den Bau der Brooklyn-Brücke sollte Röbling allerdings nicht erleben. Bei Vermessungsarbeiten quetschte er sich an einem Landungssteg durch ein anlegendes Boot einen Fuß. Am 22. Juli 1869 starb er an einem nachfolgenden Wundstarrkrampf.

Nach dem Tod Johann August Röblings setzte sein Sohn Washington den Bau der Brooklyn-Brücke fort. Der häufige Aufenthalt in den Senkkästen bei den Gründungsarbeiten der Pfeiler ließ ihn schwer erkranken. Der Brückeneinweihung im Jahr 1883 musste er vom Rollstuhl aus zusehen. Seine Frau Emily hatte dann in den letzten Jahren die Aufsicht über die Bauarbeiten übernommen:

Damit vollendete eine Frau den vielleicht größten Ingenieurbau des 19. Jahrhunderts.

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